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Die 9. „Lutherreise“ des Kardinal-Frings-Gymnasiums und des Kirchenkreises „An Sieg und Rhein“ vom 08.-11. September 2017:
„Unsere Wundertüten werden sicher nicht nur mit all den schönen Prospekten und Infos von Frau Bleck, sondern auch mit Luther in allen Formen und Farben gefüllt werden“, so zwinkert mir eine Sitznachbarin kurz nach Reiseantritt zu. Wir sind eine bunte Truppe aus 12 Müttern und evangelischen Gemeindegliedern des Kirchenkreises „An Sieg und Rhein“ sowie 16 Achtklässlern des Kardinal Frings Gymnasiums, samt ihren beiden Begleitern: Christiane Bleck, die als Prädikantin und evangelische Religionslehrerin diese Fahrt perfekt organisiert hat und Stephan Schmitt, der als katholischer Religionslehrer sehr interessiert mitfährt. Als Christiane Bleck an uns Prospekthüllen verteilt, die sie liebevoll als „Wundertüten“ bezeichnet, ahnen wir bereits, dass sie am Ende der Fahrt durch Eisleben, Wittenberg und Eisenach prallgefüllt sein werden. Allerdings weniger mit all den bunten Lutherbonbons, Lutherrosen, Luther-Playmobilfiguren, Lutherbrot, Lutherbechern oder Luther-Gummi-Enten, sondern mit Erlebnissen und Eindrücken einer intensiven Zeitreise zum 500. Jubiläumsjahr der Reformation. Als ich meine Mitreisenden nach ihren Eindrücken befrage, erwähnen sie vor allem die lebendige Begegnung mit einer besonderen Frau, die dem großen Reformator sehr nahestand, aber auch die wunderbar restaurierten Gebäude und Kirchen und die ein oder andere Ausstellung.
„Gott zum Gruß hier in der wohllöblichen Stadt zu Wittenberg und seid willkommen“ sagt sie und schaut uns keck an. „Mein Martinus schicket Euch Grüße, aber er ist, wie die meisten Mannsbilder, ständig außerhäusig“. Unsere Katharina von Bora, Ehefrau Martin Luthers, die da leibhaftig vor uns steht, sieht sehr vornehm aus. Sie ist so gekleidet, wie wir es bereits auf den Gemälden von Lucas Cranach dem Älteren im Geburts- und auch im Sterbehaus Martin Luthers in Eisleben sehen konnten. Wo wir schon viel über das Leben des Reformators erfahren hatten: im Geburtshaus über die düsteren Lebensumstände des Mittelalters wie Kinderarbeit im Bergwerk; in der neugestalteten spätgotischen St. Petri-Paul-Kirche über die Angst ungetauft zu sterben; im Sterbehaus Luthers, über die verbreitete Furcht vor dem Fegefeuer und der Hölle, die man durch akribisch eingeübte Rituale versuchte einzudämmen und gegen die Martin Luther später rebellierte.
Unsere Katharina, die nun vor uns steht, trägt eine schmuckvoll verzierte beige-goldene Kopfbedeckung wie alle verheirateten Frauen, die damit zeigten, dass sie „unter die Haube“ gekommen waren. Sie fragt uns, in ihrem bodenlangen Gewand, wie viele Tagesreisen wir in der Kutsche von Bonn nach Wittenberg benötigt hätten. Was unsere Busfahrerin amüsiert zur Kenntnis nimmt. Katja Köhler alias Katharina von Bora gewährt uns auf eine charmante Art einen interessanten Einblick in die Welt des Martin Luthers und dies so, dass auch Schüler wie Leander, Jonas, Lisa und Marilene diesen besonderen Rundgang durch Wittenberg immer in Erinnerung behalten werden. „Warum sie diese merkwürdig geschnürten Lederschuhe trug, hätte ich dann doch noch gerne gewusst“ fragt sich Sonja und hofft, diese Frage noch im Religionsunterricht klären zu können. „Sie war nicht nur sehr sympathisch, sondern hat auch zahlreiche Fakten ganz unterhaltsam rübergebracht“, so Martina Römmer-Collmann, nach der Begegnung mit ihr.
Auf den Gemälden von Lucas Cranach schaute uns Katharina von Bora allerdings etwas strenger an als unsere Stadtführerin. Dass sie redegewandt gewesen sein muss, hatten wir schon durch andere Museumsführer erfahren, vor allem durch unseren Besuch im „Schwarzen Kloster“ zu Wittenberg (dem ehemaligen Augustinerkloster), wo das Ehepaar ab 1525 lebte. Wir erfuhren dort, wie sehr Luther bis heute unsere Sprache geprägt hat und z.B. Worte kreierte wie: „Gewissenbisse“, „Denkzettel“, „Lästermaul“ oder „Herzenslust“. Beindruckt hatte Mitreisende das Anwesen Luthers, „weil es bereits kurz nach Luthers Tod als Museum betrieben wurde und Besucher, wie Zar Peter der Große sich 1712 mit Kreide namentlich verewigt haben“, so Charlotte Lepsien.
Katharina war es, die das große Anwesen verwaltete und bewirtschaftete und sogar eigenständig weitere Ländereien samt Vieh- und Fischzucht betrieb. Der Briefwechsel des Ehepaares zeigt, dass Luther Katharina auch als Gesprächspartnerin in theologischen Fragen geschätzt haben muss und sie anerkennend als „Herr Käthe“ oder „geliebte Bierbrauerin“ ansprach, weil sie Wein anbaute und jährlich bis zu 4000 Liter Bier braute. All dies erweckt „unsere“ Katharina mit Leben: „Man schicket einen Herold durch die Gassen und der rufet:
Leute gebet acht, dass niemand in den Bache macht – denn morgen wird gebräuet!“ Im Anschluss zeigt sie uns die Stadtkirche St. Marien, in der ihr Mann gepredigt hat und ihre Kinder getauft worden sind. Sie erzählt uns, dass Cranach der Ältere ein guter Freund und Trauzeuge bei Luthers Hochzeit war und Taufpate von Johannes, dem ältesten der sechs Kinder Luthers. Neben seiner Werkstatt betrieb Cranach in Wittenberg einen Buchladen, eine Druckerei, eine Hofwirtschaft sowie eine Apotheke. Die Cranach-Höfe beindrucken vor allem uns ältere Mitreisende, weil wir in der geschmackvoll restaurierten und modernisierten Cranach-Herberge, welche ehemals das große Wohnhaus der Malerfamilie war, übernachten dürfen. In der historischen Druckerstube können alle Schüler selbst eine alte Druckerpresse betätigen, was Timo, Julian und Emily sehr gut gefällt. Cranach war einer der reichsten und angesehensten Bürger und mehrfach sogar Bürgermeister Wittenbergs. Der Werkstatt von Lucas Cranach dem Älteren verdanken wir zahlreiche Gemälde des Reformators, die ab den 1520er Jahren seriell produziert wurden. Sie prägen unser Lutherbild bis heute. Domenik, Tim S., Jannik und Peter genießen es, im Anschluss an unsere Führung in der Mittagspause auch mal alleine die gut restaurierte Altstadt zu besuchen.
Unsere Schüler können aber nicht nur in den Museen und in den Cranach-Höfen kostbare historische Dokumente bewundern, sondern auch bei einer interaktiven Ausstellung „Unser Buch. Die Geschichte der Bibel von Mose bis zum Mond.“ 50 Exponate stammen aus dem „Museum of the Bible“ in Washington DC, sodass sogar Security alles vor und im Gebäude bewacht. Roman, Marton und Tim W. beindruckt vor allem eine Mikrofiche-Bibel, die mit der „Apollo 14“ auf dem Mond war, aber auch die größte sowie die kleinste Bibel der Welt, die King-James-Bibel von 1930, „die die kleinste Bibel ist und in eine Streichholzschachtel passt“, so Roman.
Unter dem Motto "Seid fröhlich in Hoffnung (Röm 12,12)“ erleben wir am Sonntag einen sonnigen Open-Air-Gottesdienst, der live im ZDF übertragen wird. Jiri, Lennart und Jakob fasziniert dabei nicht nur die Technik, ihnen gefällt auch, dass die Reformationsbotschafterin Margot Käßmann sehr anschaulich predigt. Katja Köhler alias Katharina von Bora erwähnt am Ende unseres Rundgangs mit ihr, dass die Wittenberger erst etwas skeptisch das Jubiläumsjahr beäugt hätten, nun aber dank der freundlichen Besuchergruppen erwartungsvoll dem großen Festtag am 31. Oktober entgegensehen – so wie wir es auch tun und dank Christiane Bleck mit prallgefüllten „Wundertüten“ und Eindrücken diesen Festtag begehen werden!
Eva Z.