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Unter dem Halbjahresthema „Information und Kommunikation“ geht es im NW-Differenzierungs-Unterricht um die Erzeugung, Aufnahme und Verarbeitung akustischer, elektrischer und optischer Signale. Beim Differenzierungsunterricht in Naturwissenschaften (Stufen 8 und 9) soll das fächerübergreifende, experimentelle und projektorientierte Arbeiten im Vordergrund stehen. Dank einer Spende bzw. Leihgabe von zwei hochwertigen Fluoreszenz-Mikroskopen mit Personal-Computern und Auswertungssoftware konnten diese Ziele im Rahmen eines dreistündigen Workshops in idealer Weise umgesetzt werden.
Zum Einstieg stellte Herr Dr. Josten von unserem Kooperationspartner ZEISS in einer PowerPoint-Präsentation sehr anschaulich und gut verständlich vor, welche Probleme entstehen, wenn man aus einem Stapel von Schnittbildern die räumliche Lage biologischer Strukturen rekonstruieren möchte. Hierzu muss vorausgeschickt werden, dass für diese Form der Bildverarbeitung fluoreszierende Präparate und spezielle Mikroskope erforderlich sind. Mit den üblicherweise in der Schule eingesetzten Durchlicht-Mikroskopen lassen sich keine räumlichen Bilder erzeugen. Fluoreszenz-Mikroskope strahlen energiereiches Licht auf das Präparat. Innerhalb des Präparates sind interessierende Strukturen mit Antikörpern, an die ein fluoreszierender Farbstoff gekoppelt wurde, markiert worden. Die Farbstoffe nehmen das eingestrahlte Licht auf (Absorption) und strahlen energieärmeres Licht in alle Richtungen ab.
Es entstehen innerhalb des Präparats Punkte, die in einer Farbe leuchten. Werden verschiedene Antikörper mit unterschiedlichen Fluoreszenz-Farbstoffen verwendet, entstehen mehrfarbige Bilder. Beim Mikroskopieren stellt man jeweils eine Schnittebene des Präparates so ein, dass man die Details dieser Ebene scharf abbildet. Verändert man den Abstand zwischen Präparat und Objektiv, erscheinen die vorher gesehenen Strukturen unscharf (verschwommen) und Details einer anderen Schnittebene sind erkennbar. In jeder Schärfeebene beeinflussen die Strukturen oberhalb und unterhalb dieser Ebene die optische Abbildung. Diese Strukturen verändern den Weg des eingestrahlten und des durch Fluoreszenz abgegebenen Lichtes. Aufgrund der Welleneigenschaften des Lichtes treten Beugungen und Interferenzen (gegenseitige Verstärkungen bzw. Auslöschungen) auf. Hier konnte Herr Dr. Josten in seinem Vortrag auf das Vorwissen aus dem Kurshalbjahr 9.1 zurückgreifen. Im Rahmen des Kurses „Mikroskopie“ hatten die Schülerinnen und Schüler bereits kennengelernt, dass das Strahlenmodell des Lichtes an Grenzen stößt. So lässt sich die begrenzte Auflösung aller Mikroskope nur verstehen, wenn man das Licht als Welle, ähnlich einer Wasserwelle, betrachtet. Die durch die Welleneigenschaften des Lichtes bedingten Probleme bei der Bildverarbeitung lassen sich mit Hilfe eines mathematischen Verfahrens angehen. Die Rohdaten der einzelnen Schnittbilder werden einer sogenannten Dekonvolution unterzogen, um die beschriebenen Störungen herauszurechnen und zur tatsächlichen räumlichen Struktur des Objektes zu gelangen.
Im praktischen Teil des Workshops wurden die erworbenen Kenntnisse angewendet. Als Objekt wurde in Vorversuchen ein Präparat, in dem Zentromere mit fluoreszierenden Antikörpern markiert waren, ausgewählt. Zentromere sind die Regionen von Chromosomen, die die Schwesterchromatiden zusammenhalten und an denen die Spindelfasern bei der Kernteilung ansetzen. Dieses und andere Präparate zu Zellorganellen, die über Immunfluoreszenz sichtbar gemacht werden, wurden uns freundlicherweise von der Firma EUROIMMUN Medizinische Labordiagnostika AG zur Verfügung gestellt.
Aufgeteilt in zwei Untergruppen konnten die Schüler*innen unter Anleitung an den beiden Fluoreszenz-Mikroskopen arbeiten und dabei die Objektsuche, die Vergrößerungsschritte und dem Umgang mit der AXIOVISION-Software zur Steuerung und Auswertung lernen. Es wurden 50 Schnittbilder erzeugt und gespeichert. Der YouTube-Film Zentromer-Bilderstapel zeigt die aufeinander folgenden Schnittbilder des Zentromer-Präparates. Man „schwebt“ von oben nach unten durch die 50 einzelnen Schärfeebenen. Aus den gewonnenen Rohdaten wurde zuerst ohne Dekonvolution ein räumliches Bild rekonstruiert. Die Software ermöglicht Drehungen des Bildquaders in allen Raumrichtungen. Der Film Zentromer 3D-Rohdaten zeigt ein dreidimensionales Gebilde mit grün leuchtenden „Wolken“. Der sogenannte Uhrglaseffekt ist erkennbar: Ausgehend von den hell leuchtenden Zentromeren entstehen zwei kegelförmige leuchtende Strukturen.
Der Film Zentromer Konvolution zeigt das rekonstruierte dreidimensionale Bild nach Durchführung der Dekonvolution. Die leuchtenden Bereiche sind eng eingegrenzt und entsprechen der tatsächlichen Größe und Anordnung der Zellorganellen. Zum Vergleich von Rohdaten und mathematisch bearbeiteten Bildern sind zwei Schnittebenen (Mittelebene 25 und Randebene 50) dargestellt. Im Rohdaten-Bild 25 sind die Zentromere innerhalb einer leuchtenden Umgebung zu sehen, während nach Dekonvolution (DCV) die nur noch die punktförmigen Zellstrukturen erkennbar sind. Im Randbereich (Ebene 50) treten optische Effekte auf, obwohl keine Zentromere mehr vorhanden sind. Diese Lichteffekte verschwinden nach der Dekonvolution vollständig.
Zum Ende des Workshops verblieb noch Zeit, an weiteren Objekten die Möglichkeiten der Bildverarbeitung aufzuzeigen. Zwei Beispiele sollen das verdeutlichen. Das Präparat zur Kernteilung zeigt eine Dreifachfärbung von Erbsubstanz, Spindelfasern und den Eiweißen, die für Anbindung der Chromosomen an die Fasern verantwortlich sind. Im Film Kernteilung Bilderstapel wird wie beim Zentromeren-Präparat der Stapel übereinander liegender Bildebenen gezeigt. Dabei sind die unterschiedlichen Teilungsstadien gut erkennbar.
Das zweite Beispiel demonstriert die zeitliche Dimension der Bildverarbeitung. Der Film Euglena Phasenkontrast zeigt die Bewegung des Augengeißelträgers Euglena in der Phasenkontrastmikroskopie. Dieses mikroskopische Verfahren bildet über Kontrastverstärkung viele Zellstrukturen detailliert ab, insbesondere die rotierende Geißel, von der der Einzeller angetrieben wird.
Dieser Workshop wäre ohne zahlreiche Unterstützungen nicht möglich gewesen, Wir danken herzlich für die anonyme Spende bzw. Leihgabe der beiden Fluoreszenzmikroskope und die Bereitstellung der Software sowie den Support durch die Firma ZEISS. Der Förderverein des KFG und der Schulträger haben dankenswerterweise die Computer und Bildschirme zu den Mikroskopen finanziert. Der Firma EUROIMMUN Medzinische Labordiagnostik AG und verschiedenen Instituten der Universität Bonn danken wir für die freundliche Überlassung von Fluoreszenz-Präparaten. Ein besonderer Dank gilt Herrn Dr. Josten von der Firma ZEISS für die hervorragende Betreuung unserer Schule und die wiederholte Durchführung von Workshops, die unsere Schülerinnen und Schüler für die Naturwissenschaft begeistern.
Dr. Jörg Severin